Hermann Hesse am Bodensee

Eine Mitarbeiterin hatte die Idee, während unseres Visions-Workshops den Garten von Hermann Hesse in Gaienhofen zu besuchen. Da unser Seminarort nur wenige Minuten entfernt lag, planten wir den Ausflug als Verdauungsspaziergang, nach dem Mittagessen.

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Hermann Hesse verbinde ich mit meinen Jugendjahren. Damals hatte ich Romane wie «Der Steppenwolf» oder «Narziss und Goldmund» geradezu verschlungen und immer wieder gelesen. Ich wusste auch, dass Hesse am Bodensee einen Garten angelegt hatte. Obwohl dieser Ort so nahe liegt, hatte ich ihn aber nie zuvor besucht.

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Zuerst standen wir vor verschlossenen Gartentüren, wurden aber bald von den heutigen Besitzern, Eva und Bernd Eberwein, begrüsst und kurz in den Garten eingeführt. Wir sassen unter einer Kastanie und hörten uns die Geschichte der Entstehung an. Zu Beginn erging es mir wie einem meiner Mitarbeiter, der sich fragte, weshalb um diesen Garten solch ein Brimborium gemacht wird. Umso mehr, als wir erfuhren,  dass Hesse und seine Familie dort nicht einmal zehn Jahre gelebt und gewirkt hatten.

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Auf einem Rundgang durch den verwunschenen Südgarten entdeckte ich eine Nische nach der anderen. Oft setzte ich mich kurz hin und sah mir die unterschiedlichen Perspektiven an: hier ein Ausblick über das Dorf zum See, dort eine winzige Laube mit Blick in den Blumengarten und ganz am Ende des Gartens eine Nische am Glashaus.

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Die Bepflanzung, eine Mischung aus alten Bäumen, Strauchrosen, ein- und mehrjährigen Blumen und Gemüse. Sanft und naturnah gepflegt, wirkt der Garten wildromantisch.

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Am Haus klettern Pfeiffenwinde und Blauregen um die Wette, eine Laube aus Haselruten wird von einem Kornelkirschen-Schirm beschützt und auf der Südseite von rankenden Trauben umspielt.

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Dann die Dahlien, die definitiv nicht zu meinen Lieblingspflanzen zählen – sie sind mir zu grell und nach Aufmerksamkeit schreiend. Hier, inmitten dieser Pflanzenvielfalt, integrieren sich ihre intensiven Farben ganz selbstverständlich und teilen sich die Aufmerksamkeit mit Herbstastern, Staudensonnenblumen, spät blühenden Rosen, Wermut und Federkohl. Ich muss gestehen, in dieser Form gefallen mir diese ursprünglich aus Mexiko stammenden Schönheiten ganz gut.

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Mich fasziniert, wie einfach der Garten in seiner Grundform gestaltet ist und trotzdem, oder gerade deshalb, diese enorme Ausstrahlung auf mich hat. Die verschiedenen Orte im Garten lassen den Raum viel grösser erscheinen. Sie geben unzählige Einblicke und Aussichten frei. Wege und Plätze sind wie selbstverständlich in das abfallende Gelände eingefügt – sie folgen der vorhandenen Topografie und führen den Besucher immer tiefer in den Garten hinein. Am Ende des Rundgangs merke ich, wie mich dieser Garten berührt hat und ich weiss, dass ich nicht das letzte Mal in Gaienhofen auf den Spuren von Hermann Hesse und allen späteren Besitzern dieses Gartens gewandelt bin.

Die poppigen Schnappschüsse dieses Beitrags stammen von meiner Mitarbeiterin, die Gärten nur ungern bei gleissendem Mittagslicht fotografiert. Deshalb hat sie mit einem Filter experimentiert, der die Farben übersättigt. Wie der Garten in natürlichem Licht aussieht, können Sie ab 3. Oktober 2016 sehen. Dann erscheint Eva Eberweins Buch «Der Garten von Hermann Hesse» mit Fotos von Ferdinand Graf von Luckner.

3 comments On Hermann Hesse am Bodensee

  • Wer hätte geahnt, dass das Schöne so nahe liegt. Mit Hermann Hesse verbinden mich eine wunderschöne Zeit in meinem Leben und mit einem tollen Menschen. Mir war zwar bewusst, dass Hesse hier ganz in der Nähe „logiert“ hatte, dass daraus aber so ein schönes Gartenparadies entstanden ist, das war mir nicht bekannt. Ich danke daher sehr für diesen Tipp. Ist der Garten auch für „normale“ Besucher zu besichtigen, ich hoffe es doch?
    Die Fotos sind übrigens wunderbar, speziell mit diesen knalligen Farben, aber sie machen sehr „glustig“ auf den Spuren von Hermann Hesse zu wandeln. Herzlicher Gruss Kathrin

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Peter Richard

Peter Richard

Als ich mich in den Achtzigerjahren als Naturgärtner selbstständig machte, galt ich als Aussenseiter und verträumter Spinner. Mittlerweile sind Naturgärten salonfähig geworden. Doch immer noch arbeiten Gärtner gegen die Natur anstatt mit ihr. Auf diesen Seiten möchte ich Tipps geben, wie man entspannt mit einheimischen Pflanzen gärtnert und wildromantische Bilder kreiert.

Peter Wechsler

Peter Wechsler

Das Herz muss dabei sein, es braucht Gefühl und Intuition im Garten, Von Zeit zu Zeit sollte man sich in Erinnerung rufen, dass Gärten zum Leben und Erleben da sind. Ich empfehle, den Garten auf sich wirken zu lassen, bevor man zu Schere oder anderen Werkzeugen greift. Gartenratgeber hinterfrage ich kritisch, da oft Pflanzen empfohlen werden, die nur mithilfe von Pflanzenschutzmitteln gesund bleiben.

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