Wie schneidet man Obstbäume richtig?

Beim naturnahen Schnitt von Obstbäumen geht es darum, mit möglichst wenig Schnitten einen gesunden Baum mit regelmässigem Ertrag zu erhalten. Es gilt, mit der Natur und für den Baum zu arbeiten.

Komplett «verschnittene» oder viel zu stark getrimmte Obstbäume sind in den Gärten keine Seltenheit. Doch wie schneidet man sie richtig? Grundsätzlich gilt: Erst, wer den Kronenaufbau eines Obstbaums kennt, sollte Schere und Säge zur Hand nehmen. Denn bevor wir uns an den Baum wagen, müssen wir wissen, wie seine Krone aufgebaut sein muss, damit er gesund, widerstandsfähig und ertragreich ist.

Bei freiwachsenden Obstbäumen – sogenannten Nieder,- Halb,- oder Hochstammformen – besteht die Krone aus einem Mitteltrieb, drei bis vier Leitästen und Fruchtästen. Dies gilt grundsätzlich für alle Obstarten. Diese Grundform muss in- und auswendig kennen, wer Obstgehölze richtig schneiden will. Wer das Glück hat, selber einen Baum pflanzen zu können, schneidet ihn gleich von Beginn an in diese Form. Wer ältere Obstbäume übernimmt, sollte zunächst den Zustand der Bäume analysieren. Stark verschnittene Bäume lassen sich nicht immer in die optimale Form bringen. Hier macht es Sinn, mit möglichst wenigen Eingriffen für eine gute Astverteilung und auf Fruchtholzverjüngung zu setzen.

Auf diesem Bild ist der „optimale“ Kronenaubau gut zu erkennen. Die Stammfortsetzung wird als Mitteltrieb bezeichnet. Die Haupt – Seitenäste als Leitäste. Bei dieser Kirsche sind es drei Leitäste.

Diese schon älteren Bäume wurden ebenfalls nach dem Prinzip Mitteltrieb und drei Leitäste aufgebaut.

Bei diesem noch jüngeren Baum sieht man das Verhältnis zwischen Länge des Mitteltriebes und der Leitäste seht schön. die Baumform ist ein gleichschenkliges Dreieck, welches sich nach oben hin verjüngt

Der Mitteltrieb ist das Rückgrat – wer ihn falsch schneidet, schadet dem Baum

Der Schnitt beginnt immer am Mitteltrieb. Hier zeigt sich die Fachfrau oder der Fachmann: Wer nicht hier beginnt, kennt sich mit dem Obstbaumschnitt vermutlich nicht aus. Der Mitteltrieb ist die natürliche Verlängerung des Stammes. In jungen Jahren, während der Kronenaufbauphase wird dieser Trieb an der Spitze regelmässig angeschnitten.

Während der ersten 5 bis 6 Jahre, beim sogenannten Erziehungsschnitt wird der Mitteltrieb und die Leitäste an der Spitze regelmässig angeschnitten.

Die Leitäste – sie sind die Stützen der Früchte

Die Leitäste sind die Haupt-Seitenäste eines Baumes. Sie tragen später die Fruchtäste mit den Früchten. Sie befinden idealerweise gleichmässig rund um den Stamm verteilt. Ideal sind drei bis vier Leitäste (bei Kernobst eher vier, bei Steinobst eher drei). Sie bilden zusammen mit dem Mitteltrieb das Grundgerüst der Krone. Sie werden in den ersten Jahren ebenfalls regelmässig angeschnitten.

Wer alte Obstbäume übernehmen kann darf sich von Anfang an über reiche Ernte freuen. Selbstverständlich werden wir uns hüten solche oft eigenwillig gewachsenen Baumskulpturen versuchen in eine „optimale“ Form zu schneiden. Hier gilt es das Fruchtholz zu verjüngen und dafür zu sorgen, dass genügend Licht an die Früchte kommt.

Gut zu wissen – heisse Tipps für frische Früchte

Starker Schnitt = Starker Austrieb: Wer seinen Baum stark zurückschneidet, muss mit einem starken Austrieb rechnen. Ideal, um das Wachstum bei zaghaft gedeihenden Bäumen anzuregen. Komplett falsch, um einen Baum im Wachstum zu beruhigen.

Schwacher Schnitt = Schwacher Austrieb: Wer seinen stark wachsenden Obstbaum beruhigen will (z.B. Steinobst), sollte wenig und sanft zurückschneiden.

Eine Regel, die Leider oft missachtet wird. Bevor man dicke Äste einfach wegschneidet unbedingt zuerst überlegen, was man damit eigentlich erreichen will. Jede Schnittstelle ist letztendlich auch ein potentieller Krankheitsherd.

Wenig und kleine Schnittstellen = weniger potentielle Krankheitsherde: Jede Schnittstelle ist zum Zeitpunkt der Massnahme eine offene «Wunde» und damit eine Eintrittsmöglichkeit für Sporen oder Bakterien, die zu Krankheiten führen können. Obstbaumpfleger, die mit der Natur und damit für den Baum arbeiten, verursachen möglichst wenig und nur kleine Schnittwunden.

Wenn es über den Kopf wächst: Leider wird bei der Auswahl der Sorte meist nur auf die geschmacklichen Eigenschaften der Früchte und nicht auf die Grösse des Baumes geachtet. Für kleine Gärten eignen sich schwachwachsende Sorten, für grosse Gärten können auch mittelstrak und stark wachsende Sorten in Frage.

Schlemmerhecken – Früchtevielfalt auf kleinem Raum: Wer keine grosse Fläche zur Verfügung hat, kann verschiedene Obstarten auch als Hecke ziehen. Die Sträucher und Bäume werden einmal im Jahr an der Peripherie in Form geschnitten. So entsteht mit der Zeit eine dichte Hecke, die nicht nur eine Vielfalt an Früchten hervorbringt, sondern auch Vögeln und Insekten Lebensraum bietet. Zugleich ist dies auch eine attraktive Möglichkeit für eine Grenzgestaltung zwischen Nachbarsgärten – Sichtschutz und Quelle frischer Früchte in einem. Jeder Nachbar erntet einfach das was auf seiner Grundstücksseite gedeiht.

Unerwünschte Mitbewohner in den Früchten: Kern- und Steinobst werden oft von Wicklern besucht, die dann ihre Eier in den Früchten ablegen. Daraus entwickeln sich Maden, die sich ihre Bäuche vollschlagen. Diese unangenehmen Früchte-Mitbewohner kann man mit einem einfachen Leimring, den man am Stamm anbringt, im Zaum halten.

Bodenpflege: Eigentlich sollte es stattdessen «Pflege der Bodenlebewesen» heissen. Genauso wichtig wie der richtige Schnitt ist bei jungen Obstbäumen die Bodenpflege. Regelmässige Kompostgaben erfreuen die Bodenlebewesen und sorgen dafür, dass es unserem Baum an nichts fehlt.

Wasser – Lebenselixier auch für Obstgehölze: Regelmässiges Wässern ist bei jungen Bäumen unabdingbar. Zweimal pro Woche die Menge von 20 Litern reicht aus.

Wer mehr erfahren möchte zum Schneiden von Obst und Beeren https://www.gartenland.ch/agenda_workshops_exkursionen_events/

 

 

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Peter Richard

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Als ich mich in den Achtzigerjahren als Naturgärtner selbstständig machte, galt ich als Aussenseiter und verträumter Spinner. Mittlerweile sind Naturgärten salonfähig geworden. Doch immer noch arbeiten Gärtner gegen die Natur anstatt mit ihr. Auf diesen Seiten möchte ich Tipps geben, wie man entspannt mit einheimischen Pflanzen gärtnert und wildromantische Bilder kreiert.

Peter Wechsler

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Das Herz muss dabei sein, es braucht Gefühl und Intuition im Garten, Von Zeit zu Zeit sollte man sich in Erinnerung rufen, dass Gärten zum Leben und Erleben da sind. Ich empfehle, den Garten auf sich wirken zu lassen, bevor man zu Schere oder anderen Werkzeugen greift. Gartenratgeber hinterfrage ich kritisch, da oft Pflanzen empfohlen werden, die nur mithilfe von Pflanzenschutzmitteln gesund bleiben.

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