Spalierobst – gesunde Früchte für kleine Gärten

Der Wunsch, im Garten eigenes Obst zu ziehen, hat in den letzten Jahren wieder deutlich zugenommen. Kleinere Grundstücke und enge Verhältnisse verlangen nach kreativen Lösungen. Spalierobst, schon fast in Vergessenheit geraten, erlebt gerade eine Renaissance.

 

Obst, Beeren, Gemüse: Was in den 1950er und 60er Jahren noch in jedem Garten anzutreffen war, ist in den vergangenen Jahren wir trendy geworden. Hiobsbotschaften von Lebensmitteln aus naturfernen Monokulturen tragen mit dazu bei, dass viele Menschen wieder gesundes Obst im eigenen Garten ziehen. Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Quitten und weitere Früchte gedeihen, als sogenannte Spalierbäume gezogen, auch auf kleinstem Raum.

Wer sich alte Bilder anschaut, findet die Spalierbäume in den verrücktesten Varianten von der U – Form über das Doppel – U bis hin zur «Verrier Palmette», bei der vom Stamm aus jeweils beidseitig Äste rechtwinklig aufwärts wachsen.

Verrier Palmette

Solche historischen Baumformen brauchen viel Geduld und Zeit. Heute zieht man einfachere Varianten vor und erzieht die Spaliere beispielsweise fächerartig oder als senkrechte, schmal gehaltene «Cordons».

 

Senkrechter Cordon

 

Baumformen – grundsätzlich wie beim Strauch- und Baumobst

Wie bei den freistehenden Obstbäumen arbeiten wir auch bei den Spalierformen grundsätzlich mit einem Mitteltrieb (Haupttrieb), Leitästen, Fruchtästen und Fruchtholz. Allerdings sind alle Äste alle nur flächig, also sozusagen zweidimensional angelegt, sodass ein schmaler Baum oder Stauch entsteht, der entlang einer Mauer, an einer Fassade oder an der Grundstücksgrenze wächst. Wie schneidet man Obstbäume richtig?

Steinobst – bevorzugt in Fächerform

Zwetschgen, Pflaumen, Pfirsiche, Kirschen, Aprikosen, Mirabellen oder Reineclauden zieht man in der Regel als Fächerform. Dabei führt man den Haupttrieb in der Fortsetzung des Stammes senkrecht nach oben und formiert zwei Leitäste im Winkel von etwa 45° seitlich davon weg. Die Fruchtäste werden nun waagrecht vom Leitast weggezogen und an Drähten oder einem Holzgerüst befestigt.

Kernobst – lässt viele Formen zu

Kernobst, also Äpfel, Birnen oder Quitten lassen sich als Fächer oder in anderen Formen wie Cordon oder Doppel-Cordon (U-Form) ziehen. Auch hier ist der Mitteltrieb der Stammfortsatz. Beim senkrechten Cordon werden die Fruchtäste direkt ab dem Mitteltrieb waagrecht abgeleitet und festgebunden. Diese Form ist besonders platzsparend und eignet sich auch für schmale, hohe Fassaden oder Wände.

Spaliere schneiden ist leicht (wenn man weiss, wie)

In den ersten Jahren kümmern wir uns um den Grundaufbau des Spaliers. Wir ziehen einen Mitteltrieb und schneiden diesen an der Spitze jährlich an, bis er die gewünschte Höhe erreicht ist. Auch Leitäste schneidet man jährlich an, bis auch sie die gewünschte Länge erreicht haben. Fruchtäste laufend waagrecht anbinden und nach aussen ziehen. Das Fruchtholz an den Fruchtästen (also die Seitentriebe) nun auf vier bis fünf Knospen zurückschneiden. Diese Massnahme erfolgt auch später noch, wenn der Kronenaufbau der Hauptäste bereits abgeschlossen ist. Ab und zu wird ein älterer Fruchtast durch einen jüngeren ersetzt, indem man den Neutrieb waagrecht an das Spaliergerüst bindet und den älteren Ast an ungefähr derselben Stelle entfernt.

Besondere Spaliere – Beeren, Feigen, Kiwis oder Trauben

Von Him- und Brombeeren kennt man die Spalierform. Sie werden in der Regel an einem Gerüst gezogen. Weniger bekannt sind Johannisbeer-, Aronia- oder Maibeeren – Spaliere. Tatsächlich können auch sie problemlos an Wänden oder Spaliergerüsten wachsen. Auch Feigenbäume, die im Alter sehr ausladend werden, können als Spalier auf engem Raum wachsen. Trauben und Kiwis brauchen etwas mehr Platz oder müssen entsprechend «scharf» geschnitten werden, wenn sie als Spalier auf kleinem Raum wachsen sollen.

Gut zu wissen – wichtige Tipps für gesundes Spalierobst

Regelmässiger Schnitt: Spaliere werden einmal jährlich direkt nach der Ernte (Kirsche, Pfirsich) oder während der Ruhepause im Winter geschnitten. Bezüglich Schnittstärke gelten die gleichen Regeln wie bei den anderen Obstbäumen.

Genügend Gartenschnur einkaufen: Fruchtäste und Fruchtholz werden während des Jahres laufend angebunden. Das ist von Vorteil, weil die Äste noch weich und biegbar sind und sich gut in die waagrechte Position bringen lassen.

Wenige und kleine Schnittstellen = weniger potentielle Krankheitsherde: Jede Schnittstelle ist zum Zeitpunkt der Massnahme eine offene Wunde und damit eine Eintrittsmöglichkeit für Sporen oder Bakterien sein, die zu Krankheiten führen können. Obstbaumpfleger, die mit der Natur und damit für den Baum arbeiten, verursachen möglichst wenig und nur kleine Schnittwunden.

Spalierhecken – eine einfache und geniale Idee als Grenzgestaltung zwischen zwei Grundstücken: Idealerweise spricht man die fruchtige Grenzbepflanzung mit den Nachbarn ab und wählt gemeinsam die Obstarten aus. So wird der Platz zwischen den Grundstücken optimal genutzt und bringt neben einem effizienten Sichtschutz auch einen Ertrag an selbstgezogenen, frischen Früchten.

Spalierhecke aus Apfelbäumen entlang einer Grundstücksgrenze

Bodenpflege: Eigentlich sollte es stattdessen «Pflege der Bodenlebewesen» heissen. Genauso wichtig wie der richtige Schnitt ist bei jungen Obstbäumen die Bodenpflege. Regelmässige Kompostgaben erfreuen die Bodenlebewesen und sorgen dafür, dass es unserem Baum an nichts fehlt.

Wasser – Lebenselixier auch für Obstgehölze: Regelmässiges Wässern ist bei jungen Bäumen unabdingbar. Zweimal pro Woche die Menge von 20 Litern reicht aus.

 

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Peter Richard

Peter Richard

Als ich mich in den Achtzigerjahren als Naturgärtner selbstständig machte, galt ich als Aussenseiter und verträumter Spinner. Mittlerweile sind Naturgärten salonfähig geworden. Doch immer noch arbeiten Gärtner gegen die Natur anstatt mit ihr. Auf diesen Seiten möchte ich Tipps geben, wie man entspannt mit einheimischen Pflanzen gärtnert und wildromantische Bilder kreiert.

Peter Wechsler

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Das Herz muss dabei sein, es braucht Gefühl und Intuition im Garten, Von Zeit zu Zeit sollte man sich in Erinnerung rufen, dass Gärten zum Leben und Erleben da sind. Ich empfehle, den Garten auf sich wirken zu lassen, bevor man zu Schere oder anderen Werkzeugen greift. Gartenratgeber hinterfrage ich kritisch, da oft Pflanzen empfohlen werden, die nur mithilfe von Pflanzenschutzmitteln gesund bleiben.

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